Wollte nicht jeder damals als kleines Kind schonmal hinter der Kasse sitzen, „dut…dut…dut“ machen und die Codes für Bananen, Äpfel oder Sellerie auswendig wissen? So rede ich mir meinen Job hier momentan schön. Ich hatte ja bereits im vierten Eintrag darüber geschrieben, wie schwierig und Nerven raubend die Jobsuche hier drüben ist und dass ich ab einem gewissen Punkt einfach nur irgendwas haben wollte, um endlich die Bewerbungsphase abhaken zu können. Nach über 60 Bewerbungen und zahlreichen Vorstellungsgesprächen habe ich dann schließlich eine Zusage bekommen, und zwar bei………(Trommelwirbel)………Aldi! Ist das nicht lustig? Jannes reist um die halbe Welt, nur um dann letztendlich wieder bei einer deutschen Firma zu landen.
Ich entschuldige mich jetzt schonmal im Voraus für mein Denglisch, aber all diese Fachbegriffe benutze ich tagtäglich und kenne teilweise nicht einmal das deutsche Pendant dazu. Als Full-Timer rotiere ich täglich durch alle Aufgabenbereiche. Dazu gehört zunächst stocking, falls ich Frühschicht habe. Das bedeutet, morgens um 5:30 Uhr (samstags und sonntags sogar 5:00 Uhr) die Paletten, welche am Vortag bereits angeliefert wurden, mit einem Electric Jack in die entsprechende Aisle ziehen und dann von oben nach unten abarbeiten und alles in die Regale räumen. Falls es zu viel ist, kommt es als backstock zurück in die Halle und wird dann im Laufe des Tages von der Mittelschicht restockt.

Aldi lässt alle Waren grundsätzlich in den Kartons und stellt einfach direkt den gesamten Karton ins Regal. Wenn die Kunden dann alles leer kaufen, bleiben Unmengen an leeren Boxen in den Regalen über. Daher ist eine weitere Aufgabe das boxing, was darin besteht, durch den ganzen Laden zu gehen und alle leeren Boxen einzusammeln und in den großen Baler zu schmeißen, der alles zu einem großen Klotz Pappe presst.
Eine weitere Aufgabe ist Curbside. Hier in Amerika kann man seine Einkäufe ganz einfach online über die App Instacart bestellen und entweder zu sich liefern lassen (das einkaufen und liefern machen dann sogenannte „Instacart-Shopper“) oder alternativ am Store abholen. Das shoppen für die Abholungen übernehmen dann wir von Aldi selbst. Das heißt, Curbside bedeutet im Prinzip einfach: für andere Leute einkaufen und die Produkte dann im Curbside-Room solange zurückhalten, bis die Leute es abholen kommen. Wir bringen es dann sogar noch raus und laden es für die Leute in ihren Kofferraum, sodass sie nicht einmal aussteigen müssen. Das ganze macht um ehrlich zu sein echt Spaß. Ich bin mir sicher, meine Schwester würde das sogar kostenlos machen.
Dann gibt es immer eine Person, die sich vollumfänglich um die gesamte Produce-Section (also Obst und Gemüse) kümmert. Das ist quasi nichts anderes als restocken, aber da ja immer alles frisch bleiben muss, kann man nicht so viel im Voraus aufstocken, sondern muss kontinuierlich nach hinten rennen und backstock holen.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist natürlich das kassieren. Damit einhergehend habe ich als Kassierer gleichzeitig auch ein Auge auf die acht Self-Checkouts. Und auch das macht mir irgendwie echt Spaß.
Zu guter Letzt ist selbstverständlich das cleaning an der Reihe, was überwiegend daraus besteht, mit dem gefühlt kilometerbreiten Sweeper durch die Gänge zu laufen und anschließend den großen elektrischen Scrubber rauszuholen.
Es sind also alles nicht sehr anspruchsvolle Aufgaben, aber es macht mir um ehrlich zu sein echt Spaß und ich verdiene mit $18,50/h echt gutes Geld (Mindestlohn in Maryland liegt bei $15). Und ich bin auch von Aldi als Arbeitgeber wirklich positiv überrascht. Man fühlt sich als Mitarbeiter echt wertgeschätzt und auch das Team und mein Boss sind alle super nett.

Fazit: Es ist nicht der Job, den ich mir vorgestellt habe, aber ich habe trotzdem eine schöne und prägende Zeit, die mich auch weiterbringen wird. Ich bin ein Büromensch und möchte langfristig weiter am Schreibtisch sitzen, in Meetings sein und Dinge planen. Von daher finde ich es gar nicht schlecht, jetzt auch mal die andere Seite kennenzulernen und zu wissen, wie es ist, einen verhältnismäßig eher „einfachen“ Job auszuüben. Gleichzeitig habe ich gelernt, dass Schichtdienst gar nicht so schlimm ist, wie ich immer dachte.
Ansonsten habe ich neben arbeiten mehrere kleine Tagestrips unternommen, Freunde besucht (oder Besuch bekommen) und vor allem Zeit mit meinen Gasteltern verbracht.

Rob und Kristy sind zwei super nette Menschen, bei denen ich mich absolut wohl und gut aufgehoben fühle. Wir verbringen viel Zeit miteinander und haben viel Spaß.